Interview mit Andreas Brendt Teil 1

Autor der Buchreihe „Boarderlines“

Interview Andreas Brendt

Urheber Portraitfoto: Ballosh&wearecity 

»Wir können alles tun, und auch noch, was wir wollen.«

Andreas Brendt hat genau das getan. Ein spontaner Surftrip während des Studiums wurde ihm zum Verhängnis: angefixt vom Surfvirus und Reisefieber, zog er in jeder verfügbaren Minute los und erkundete die Wellen der Welt. Nach dem Studium wurde er zum Vollzeit-Reisenden, tauchte in fremde Kulturen ein und erlebte dabei verrückte Geschichten. 

Irgendwann – Jahre später – kam dann doch das Bedürfnis nach ein bisschen Alltag, Freunden oder einer Beziehung und Surfer-Andi wurde zum Berufsschullehrer Herr Brendt. Seine Abenteuer, Gedanken und seinen Weg hat er niedergeschrieben und in derzeit zwei Büchern veröffentlicht. Das dritte Buch steht bereits in den Startlöchern und Andi tourt durch Norddeutschland, wo er aus seinen Büchern live vorliest. 

Vor seinem Auftritt in Hamburg trafen wir uns auf ein Bierchen und Andreas stand mir Rede und Antwort zu meinen Fragen rund ums Schreiben, Reisen, Surfen und das Spirituelle. 
1,5 Stunden Interview in 2 Teilen – los geht’s! 

Andreas Brendt und Katetravels

Über das Schreiben

Wo stehst du gerade in deinem Leben?

Ich bin gerade im Sabattical, wobei das trotzdem ein Arbeitsjahr für mich ist. Ich switche den Beruf immer zwischen Lehrer und Autor. Gerade habe ich mein drittes Buch fertig geschrieben und mache nun eine kleine Tour, während es lektoriert wird. Ab Mai denke ich, dass ich dann richtig frei habe und – sollte ich mich nicht direkt auf das nächste Projekt stürzen – dann möchte ich mal ein paar Monate nichts machen. Da freu ich mich schon voll drauf.

Hast du dein erstes Buch nicht zunächst noch selbst verlegt?

Genau, ich habe erstmal eine Verlagssuche gemacht, habe dann viele – auch sehr skurrile – Absagen bekommen und auch irgendwann eine Zusage. Darüber war ich erstmal sehr happy. Als ich bei den Vertragsverhandlungen dann aber gemerkt habe, was die so aus dem Buch machen wollen, hatte ich nicht mehr so Lust mein Baby aus der Hand zu geben und habe mich dann umentschieden und es selber drucken lassen.

Das funktioniert über eine Verlagsauslieferung, wo man seine Bücher lagern kann und von wo sie dann verschickt werden. Verkauft habe ich übers Internet und das lief auch super gut. Die erste Auflage mit ca. 2.500 Stück war nach einem Jahr weg. Dann habe ich nochmal 2.500 gedruckt und dann kam mein heutiger Verlag auf mich zu. Die waren super sympathisch und ich brauchte auch ein bisschen zeitliche Ressourcen um das zweite Buch schreiben zu können. So war ich froh, dass ich es aus der Hand geben konnte. Außerdem kam es so auch in den Buchhandel und bekam dadurch eine viel größere Reichweite. Man verdient natürlich extrem viel weniger pro verkauftem Buch, aber das ist dann eben der Trade-Off. Und Kohle ist ja auch nicht alles – ich habe mich vor allem mega gefreut, dadurch so viel mehr Bücher verkaufen zu können.

Wusstest du von Anfang an, dass du das zweite Buch schreiben möchtest?

Ne überhaupt nicht. Die Idee zu diesem Buch ist erst vor ein paar Jahren entstanden. Ich habe auf meinen Reisen immer E-Mails an Freunde geschickt um nicht ganz den Kontakt nach Hause zu verlieren. Die antworteten dann oft, das sei voll witzig und ich müsse da mal ein Buch draus machen. Da war das eigentlich mehr so spaßeshalber – aber die Idee war damit geboren.

Ein paar Jahre später habe ich dann tatsächlich angefangen das Buch zu schreiben und wusste erstmal gar nicht so genau wo es hingehen soll. Ich musste erstmal einen eigenen Sprachstil entwickeln und wusste, als ich angefangen habe, nicht einmal wie das Ende aussehen soll. Das hat sich dann alles irgendwie entwickelt und als ich fertig war, war ich sicher, dass ich nie wieder ein Buch schreiben würde. Vor allem die Zweifel stressen einen dabei so – ob es gut oder furchtbar langweilig ist. Aber die Leute mochten es am Ende und ich habe es auch selbst immer mehr geschätzt.

Irgendwann war dann klar, dass ein zweites her musste. Und das war auch wieder so schlimm im Schreibprozess, dass ich dachte „wie zur Hölle konnte ich mir das nochmal antun?“. Aber irgendwann war es fertig und ich bin jetzt super glücklich damit, denn es ist – wie ich finde – ein sehr besonderes Buch, das auch nochmal viel anspruchsvoller zu schreiben war für mich als das erste. Vor allem weil es viel emotionaler ist. Auch dann dachte ich wieder, dass ich das NIE wieder machen werde – und jetzt habe ich gerade mein drittes geschrieben.

Wie hast du dich eigentlich noch so viel später an alles erinnert?

Das erste Buch habe ich während der Zeit geschrieben, in der das zweite Buch spielt. Und das war zum Teil auch gut, denn im ersten Teil gibt es zum Beispiel auch eine Stelle mit ein bisschen Liebeskummer und ich habe dann versucht die Emotionen des aktuellen Liebeskummers in die Geschichte fließen zu lassen. Oder wenn ich was über’s Surfen schreiben wollte, habe ich darauf gewartet, bis ich surfen war und die Wellen so unglaublich waren, dass ich völlig euphorisch aus dem Wasser kam um das Gefühl dann auf’s Papier zu bringen. Ich habe eigentlich immer versucht mich emotional in die Momente hinein zu versetzen, denn dann kann ich ziemlich wild und ungezügelt schreiben. Es ist interessant was da rauskommt – es hat so eine besondere Kraft finde ich.

Ich habe außerdem Tagebuch während meiner Reisen geschrieben, das hat natürlich geholfen. Allerdings habe ich das oft gar nicht gebraucht – was total spannend war, denn ich habe eigentlich gar kein gutes Gedächtnis. Aber wenn man anfängt sich an eine Reise zurückzuerinnern, kommt alles wieder. Die Erinnerungen sind alle irgendwo noch da und oft habe ich tatsächlich erst die Kapitel geschrieben und erst danach im Tagebuch nachgesehen, ob ich irgendwas vergessen habe. 

Und worum geht’s im dritten Buch?

Es ist wieder ähnlich und – das gibt mir ein bisschen Hoffnung – ich bin wieder total unsicher. Alle Bücher sind ja ein bisschen anders. Der Schreibstil ist natürlich ähnlich und es gibt ein bisschen Abenteuer und hat wieder mit Reisen zu tun. Aber es hat sich ganz anders entwickelt, als ich es ursprünglich vorhatte.

Es spielt in Indien und hat gar nicht mehr so viel mit Surfen zu tun. Ich war zwar auch dort surfen, aber es spielt quasi gar keine Rolle mehr. Es geht mehr um Suche, Vertrauen und diese ganzen spirituellen Dinge. An manchen Tagen sind die für mich einfach nur wahnsinnig, an anderen Tagen total faszinierend. Ich wollte mich einfach diesem ganzen Indien und der Suche total ausliefern: viele spirituelle Selbstversuche machen, mit Meditation und wildem Ausgeflippe und einfach schauen, was so passiert. Was kann dieser Subkontinent, wie kann er die Suche unterstützen?

Es war eine ziemlich aufregende und verrückte Reise und sie hat tatsächlich nochmal Stoff für ein ganzes Buch gebracht. Erst hatte ich einen anderen Plan, es sollte eigentlich drei Teile geben. Aber der Indien-Teil ist irgendwie immer größer geworden und jetzt ist es glaube ich zu 80 Prozent über Indien und nur ein kleiner Teil über die Zeit danach, der ganz schön zeigt, wie so eine Reise auch zu Hause weiter wirken kann.

Wie lange warst du in Indien?

Nur drei Monate – aber es kann viel passieren in so einer Zeit. Es geht auch sofort am Anfang gut los mit krassen Sachen und es wurde nicht langweilig!

Wie sieht ein gewöhnlicher Tag bei dir aus?

Wenn ich als Lehrer arbeite, dann mache ich meinen Unterricht und muss dann noch ein bisschen zu Hause arbeiten. Am Wochenende mache ich Sachen, die mich interessieren. Also Sport, gehe feiern oder auf Meditationsseminare, wobei ich das nicht sooo oft mache. Und in den Ferien gehe ich immer surfen.

Wenn ich schreibe, dann suche ich mir meistens Länder aus, wo man gut schreiben kann und bleibe zwei Monate dort. Da wird dann viel geschrieben, gesurft und ansonsten mache ich gar nichts. Ich darf dann da auch keine äußeren Einflüsse haben und keine wilden Sachen erleben. Da muss ich dann voll Buch sein und das Buch leben.

Danach brauche ich eine kleine Pause und mache dann nur das wonach ich mich gerade fühle. Ich werde oft gefragt, wie lange ich noch in Deutschland bleibe – keine Ahnung. Kann sein, dass ich noch 6 Wochen hier bleibe, kann sein, dass ich in ein paar Tagen denke, ich habe Lust zu verreisen und buch mir für zwei Tage später einen Flug. Ich genieße es gerade einfach total in den Tag hinein zu leben. Es ist war zwar auch jetzt noch viel Arbeit, das Buch fertigzustellen und da muss ich dann auch diszipliniert sein und jeden Tag ein paar Stunden arbeiten. Aber wenn ich das so ein bisschen zur Seite schieben kann, dann genieße ich den Rest des Sabbatjahres sehr.

Über das Reisen

Mexiko und Indonesien sind deine Lieblingsländer – warum?

Die Wellen sind super, die Menschen sind total lieb, die Natur ist wunderschön, das Essen ist lecker und es ist günstig dort zu leben. Es ist irgendwie das Gesamtpaket, das total super zum Entspannen ist. Ich war jetzt auch gerade wieder zwei Monate in Indonesien und das war wieder ganz fantastisch.

Ich bin eigentlich einmal pro Jahr in beiden Ländern – auch in der Zeit, wenn ich als Lehrer arbeite. Aber ich versuche jedes Jahr mindestens ein Land zu bereisen, was ich noch nicht kenne. Manchmal muss mich dazu auch zwingen, weil es mir in Mexiko und Indonesien einfach so gut gefällt. Wenn jetzt die ganze Arbeit mit dem Buch und der Tour rum ist geht es vielleicht nach Madagaskar, das wäre was neues für mich.

Wonach suchst du dein Reiseziel aus? Was kann jemanden, der schon so viel gereist ist, noch reizen?

Ich glaube Natur ist für mich der Hauptgrund wonach ich schaue. Und natürlich die Wellen – die sind bei 95 % der Reisen der Hauptgrund. Aber letztes Jahr war ich zum Beispiel in Südtirol wandern und das hat mich völlig geflasht. Da sind natürlich nicht so viele wilde Sachen passiert, aber es war total witzig. Ich war die ganze Zeit allein, bin allein durch die Berge gewandert, hatte voll das Sauerstoff-Defizit und hab mich gefühlt wie auf Droge. Das war witzig und unglaublich schön.

Und dann bin ich nach Griechenland gereist und war dort in einer Osho-Kommune und da ist auch wieder krass viel passiert.

Bist du schon früher ohne Surfbrett verreist, oder ist das eher etwas neues?

Eigentlich bin ich immer nur Surfen gewesen. Surfen ist auch jetzt nicht langweilig, aber meine Neugier für Neues, Anderes und Überraschungen, die ist immer noch da. Surfen ist für mich sehr Routine geworden. Ich mache das immerhin seit über 20 Jahren. Ich liebe das auch immer noch total aber wenn ich merke, ich brauche neue Eindrücke, dann schaue ich plötzlich zum Beispiel nach Bergen. Berge sind für mich wahnsinnig faszinierend – immerhin habe ich mein halbes Leben am Strand verbracht.

Und diese spirituellen Sachen finde ich immer super interessant. Vor allem wenn ich Kummer habe. Dann weiß ich, da gibt es etwas, das schüttelt mich irgendwie durch und danach geht es mir wieder gut.

Ist das Reisen nicht manchmal auch ein bisschen eine Flucht?

Manche flüchten mit Sicherheit vor etwas in der Heimat, etwas dem sie sich nicht stellen wollen. Sehr häufig ist das meiner Meinung nach das andere Geschlecht, aber auch unsere Leistungsgesellschaft und zu viel Arbeit. Das wollen die Leuten nicht mehr, deshalb gehen sie reisen.

Viele glorifizieren das Reisen und das Surfen aber auch sehr. Das ist mir früher auch so gegangen und das versuche ich in meinem ersten Buch ein bisschen zu beschreiben. Das Gefühl, „ich bin nicht genug, so wie ich jetzt bin“. Wenn ich ein bisschen Reiseabenteurer und Surfer bin, dann versuche ich mein Selbstwertgefühl zu pushen. Das ist auch vollkommen okay wenn man das macht, aber es ist gut, wenn man sich dessen jedenfalls bewusst ist.

Bei manchen habe ich das Gefühl, die reisen und reisen, haben dieses Reisen als das Ultimative tituliert und merken dabei gar nicht, dass sie eigentlich total unglücklich sind. Dass sie eigentlich nur noch im Zimmer hocken, in den sozialen Netzwerken unterwegs sind und eigentlich total einsam sind. Mir ist das ja irgendwann auch so gegangen, denn ich habe erst sehr spät gemerkt, dass ich einsam bin. Aber es war für mich wichtig, das  zu realisieren, damit ich wieder nach Hause zurückkehren konnte.

Die Tatsache, dass ich aufgrund von mangelndem Selbstwertgefühl so viel Reisen und Surfen war, ist nichts was ich schlimm finde. Ich kann heute sogar sagen, ich habe vielleicht ein mangelndes Selbstwertgefühl, aber letztendlich hat mich das mit einer Kraft und einem Ehrgeiz versorgt, dass ich auch ganz viel erlebt habe. Und dadurch habe ich mich selbst auch besser kennengelernt. Mittlerweile bin ich damit einverstanden, dass das mein Antrieb war.

Fortsetzung folgt…

Im zweiten Teil spreche mit Andi über das Surfen, die Angst und wie man sie überwindet und über all die spirituellen Dinge, die er so ausprobiert hat.

Es bleibt also spannend! 

Mehr zu Andis Geschichte gibt’s in seiner Buchreihe „Boarderlines“

Mit Witz und köllner Herz geschrieben, macht Fernweh und Meerweh! 

 

Oder du besuchst mal Andis Webseite zum Buch oder seine Facebook-Seite.  

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