Madidi Nationalpark

zwei Tage in Boliviens Regenwald

Regenwald Bolivien

Zu einer Südamerika-Reise gehört ein Regenwald-Besuch einfach dazu. Immerhin erstreckt sich der Amazonas-Regenwald mit seinen 5,5 Mio km² über beinahe ein Drittel des Kontinents. Der Großteil entfällt zwar auf Brasilien, doch auch Peru und Bolivien teilen sich insgesamt 20 % der Regenwald-Fläche. Bolivien ist also nicht nur Anden und Salzwüste – ungefähr die Hälfte des Landes sind tropischer Regenwald.

Der Madidi Nationalpark nördlich von La Paz ist relativ gesehen zwar nur ein sehr kleiner Ausschnitt des Amazonas-Gebietes, denn mit 19.000 km² hat er nicht mal 1% der Regenwald-Fläche – ist damit aber trotzdem ungefähr so groß wie Sachsen. 

Für einen Abstecher auf einer Rundreise durch Südamerika und einen Besuch von wenigen Tagen eignet sich der Madidi Nationalpark allerdings hervorragend, denn er ist über das kleine Städtchen Rurrenabaque, das immerhin einen Flughafen hat, gut zu erreichen. Von dort aus starten diverse Touren und bringen ihre Gäste per Boot zu Lodges mitten im Regenwald.

Madidi Nationalpark: Regenwald in Bolivien Regenwald Bolivien

Von Rurrenabaque in den Regenwald

Unsere zweitägige Tour in den Madidi Nationalpark startete um 8:45 Uhr im Büro unseres Touranbieters in Rurrenabaque. Schon am Vorabend hatten wir ein kleines Briefing für unsere Tour bekommen und so ging es morgens direkt los zum kleinen Hafen. Mit dabei unser Guide Aurelio, die Köchin, die uns die nächsten Tage sensationell bekochen würde und zwei Bootsmänner. Kurzum: wir waren die einzigen Teilnehmer und bekamen somit eine VIP-Privat-Tour. 

Mit einem motorisierten Holzboot knatterten wir flussaufwärts in Richtung der Lodge im Regenwald. Schon die Fahrt dorthin war ein Erlebnis für sich: wunderschöne Landschaften mit dunkelgrün überwucherten Bergen zogen vorbei und am Ufer wimmelte es geradezu an verschiedensten Vogelarten war alles vertreten. Vom großen, schneeweißen Reiher bis zum kleinen knallblauen Eisvogel. Bald schon rauchte die Kamera, die SD-Karte japste und die Strecke, für die wir auf dem Rückweg (allerdings auch flussabwärts) gerade mal 1,5 Stunden brauchten, dauerte beinahe vier Stunden.

Langweilig wurde uns dabei kein bisschen. Wenn nicht gerade ein Vogel vorbeiflatterte oder ein neues Landschaftsmotiv hinter der nächsten Kurve wartete, zogen Fischer, die ihre großen Netze auswarfen oder ihre Zelte am Ufer aufbauten unsere Aufmerksamkeit auf sich. Ganz besonders schön war dabei die Szene zweier Jungs, die gerade ihr Netz an Land schafften und uns stolz wie Bolle ihren Fang präsentierten.  

Irgendwann nachdem wir den Checkpoint des Nationalparks passiert hatten, wurde der Fluss immer flacher und die Bootsmänner mussten die Schiffsschraube gegen eine kleinere auswechseln. Einer der beiden setzte sich an den Bug und überprüfte alle paar Meter mit einem langen Bambusstock, ob das Wasser noch tief genug war. Im Zickzack ging es so den Fluss hinauf, bis wir irgendwann – ohne Aufsetzen auf dem Grund – am Ufer nahe der Lodge anlegten. 

Lodge im Regenwald 

Nach etwa 10 Minuten Marsch mit Sack und Pack durch den Regenwald, erreichten wir unsere Lodge – unser Camp für die nächsten 2 Tage. „Camp“ trifft es dabei wirklich nicht mal annähernd. Auf einem großen Areal mitten zwischen den Bäumen befinden sich kleine Holzhütten, jede einzelne ausgestattet mit einem eigenen Bad, einer Veranda und einem Traum von Hängematte. Das Wasser war zwar eiskalt und auch wenn man mit Tropen und Dschungel immer warm und schwül verbindet: morgens und abends wird es durchaus frisch! Aber da hilft dann nur Zähne zusammenbeißen und „Staffel-Duschen“ (Haar über Kopf waschen, dann läuft das kalte Wasser nicht die ganze Zeit den Rücken herunter und erst am Ende, wenn das Gehirn schon schock-gefrostet ist, fix mit dem Rest drunter). 

Fensterscheiben gab es übrigens keine – lediglich Mückennetze trennten uns noch vom Regenwald. Tagsüber, wenn wir nicht gerade durch den Dschungel wanderten, wurde das Bett so zum Kino und wir beobachteten die Papageien, wie sie an unserer Hütte vorbei flogen und dabei die seltsamsten Laute von sich gaben. 

Herz der Lodge ist der Koch- und Speiseraum in einer großen Holzhütte. Wir staunten nicht schlecht, als wir dort nicht nur einen Ofen, sondern auch eine riesige Kühltruhe entdeckten, die beide mit Gas betrieben werden. Es gibt zwar einen Stromgenerator, allerdings nur für die Glühbirnen und die Wasserpumpe – und das auch nur bis zur „Schlafenszeit“. Wer dann noch Lesen will, muss zur Taschenlampe greifen. Aber das ist auch gut so – immerhin ist man mitten in der Wildnis! 

Umso mehr faszinierte uns jede Mahlzeit aufs neue. Unter diesen doch recht rustikalen Bedingungen zauberte unsere Köchin so viel abwechslungsreiches und leckeres Essen – so viel konnten wir gar nicht durch den Regenwald marschieren um das alles zu verbrennen! Von typisch bolivianischen Fleischgerichten mit frischen Beilagen bis hin zu Pancakes war alles dabei. Meine absolute Lieblings-Zutat: Platanos. Man kennt sie hier wohl als „Kochbananen“, eine große, herbere Version der Frucht, die man braten, backen oder frittieren kann – und irgendwie zu allem schmeckt! 

 

Unterwegs im Dschungel 

Am Nachmittag des ersten und am Vormittag des zweiten Tages unternahmen wir mit unserem Guide Aurelio jeweils ca. drei- bis vierstündige Wanderungen durch den Regenwald. Während wir am ersten Tag bei schwüler Wärme noch ziemlich ins Schwitzen kamen, kühlte es in der Nacht ab und am nächsten Tag war uns schon beinahe nach Pullover zumute – wie gesagt, es ist nicht nur warm im Dschungel.

Aber wie ist es denn eigentlich im Dschungel? Grün. Vor allem grün. Hohe Bäume mit riesigen Stämmen bilden ein riesiges Blätterdach und somit ist es oft eher düster als sonnig. Doch manchmal gelangt ein Sonnenstrahl hindurch und leuchtet eine einzelne Pflanze oder Blatt an wie ein Scheinwerfer den Solisten im Theater. Ein wunderschönes Bild aus Licht und Schatten… 

Baumkunde

Aurelio erklärte uns auf unseren Wanderungen durch den Dschungel alles Mögliche über die verschiedenen Bäume. Da gab es zum Beispiel den „Leche Leche“-Baum (übersetzt: Milch-Milch), aus dessem Inneren eine weiße, milchige Flüssigkeit tropfte. Aurelio entfernte ein winziges Stück der Baumrinde mit seiner Machete – und wie auf Kommando bildete sich ein weißer Tropfen. Bei einem anderen Baum war der Tropfen nicht weiß, sondern knallrot. 

Die Rinde des „Ajo-ajo“-Baumes (übersetzt: Knoblauch-Knoblauch) riecht tatsächlich sehr nach ihrem Namensgeber – ein anderer Baum roch dagegen nach Schokolade! 

Der Baum „Mata-Palo“ riecht dagegen nicht und hat auch keine besondere Flüssigkeit im Innern. Er ist der „Killerbaum“ im Dschungel. Wie eine Schlingpflanze wächst er an einem anderen Baum und wickelt ihn auf diese Weise immer mehr ein. Während er selbst immer größer und stärker wird, stirbt der „Wirt“-Baum, langsam ab. Irgendwann steht an der Stelle nur noch der Mata Palo-Baum – mit einem Loch in der Mitte.

Wurzeln und Lianen

Noch beeindruckender als Gerüche und Harzfarben waren für mich die langen Wurzeln, die wie Lianen überall ihren Weg fanden. Wie ein Wollknäuel lagen Arm- oder Bein-dicke Wurzeln in großen Schlaufen auf dem Boden um irgendwann an einem Baumstamm empor zu klettern und sich im Blätterdach zu verlieren.

Verrückt sahen auch die Wurzelstränge aus, die wie ein Zelt aus der Erde wuchsen. Als hätte der Baum am Boden des Regenwaldes zu wenig Licht und würde sich aus der Erde hinaus nach oben zur Sonne recken. Klarer Favorit waren allerdings die „geflochtenen“ Baumstämme – wie der Zopf meiner Lieblingspuppe aus Kindheitstagen wickelte sich ein Strang um den anderen. Total verrückt. 

Blätter und Stacheln

Doch der geflochtene Zopf war bei weitem nicht das einzige verrückte Motiv, das wir unterwegs entdeckten. Da gab es Blätter, die an Baumstämmen wuchsen als hätte man sie dort dran geklebt – scheinbar ohne Verbindung zueinander und in perfekter Symmetrie. Winzige Blätter in witzigen Formen, die aus der Baumrinde heraussprießen, Pflanzen mit behaarten Fühlern oder weiße Fäden, die wie Lametta vom Baum herab hingen. Und Stacheln! Stachelige Baumrinde in allen Größen und Formen. Lang und dünn, klein und spitz und Hörner mit beinah zehn Zentimetern Durchmesser. Da sollte man sich besser nicht gegenlehnen…

Mehr als nur Grün: Roter Regenwald 

Ich erwähnte oben, dass der Dschungel hauptsächlich eins ist: grün. Doch es gibt Ausnahmen. Wenn man aufmerksam hinsieht, findet man immer mal wieder rote Farbtupfer: ob Blumen, Wurzeln, Blätter oder kleine Ästlein – der Regenwald ist also doch nicht nur grün.

Ganz besonders verrückt sehen übrigens die roten Blütenblätter einer dieser Blumen aus. Solange sie noch an der Pflanze kleben, fällt es kaum auf, doch sobald sie auf den Boden fallen, kann man ihre Form erkennen: sie sehen aus wie kleine Chillischoten! Ich dachte erst, ich seh nicht richtig, als plötzlich ein riesiger Haufen kleiner Chillis vor mir lag.

Früchte und Pilze 

Die Chillischoten waren zwar nicht echt – dafür haben wir andere essbare (und weniger essbare) Früchte und Pilze gefunden.

Bananen und Platanos (Aurelio ist bald wahnsinnig geworden bei dem Versuch, uns die Unterschiede zwischen der Frucht und der Kochbanane zu erklären – offenbar sahen schon die Palmenblätter der jeweiligen Pflanze sooo grundverschieden aus, dass eine Verwechslung eigentlich ausgeschlossen sein müsste. Wir Bananen-Banausen haben das ein bisschen anders gesehen…) aber auch Ananas fanden wir versteckt zwischen allerhand Sträuchern. 

Und Pilze in den seltsamsten Formen. Kleine weiße mit niedlichen Köpfen, die wie Stecknadeln auf den Baumstämmen standen oder kugelförmige ohne Stil, die wie kleine Golfbälle aussahen und sogar dunkelrote mit weißen Pünktchen. 

Auf der Suche nach Tieren

Natürlich versuchten wir (bzw. wohl eher Aurelio) auch Tiere zu entdecken. Doch so viel schon vorweg: das ist im Regenwald einfach verdammt schwierig und ganz viel Glückssache. Auch wenn der Madidi Nationalpark eines der artenreichsten Regenwaldgebiete ist – es ist immer noch Dschungel. Und das bedeutet VIELE Möglichkeiten sich zu verstecken. Wahrscheinlich würde man eher seine Reisekosten beim Lottospielen zurückgewinnen, als einen Jaguar in freier Wildbahn zu entdecken. 

Aurelio, der immerhin im Dschungel aufgewachsen ist und dadurch ein unglaubliches Gehör und Gespür für die Lebewesen dort hat, blieb trotzdem immer mal wieder unvermittelt stehen um zu Lauschen, zu Pfeifen oder Spuren im Matsch zu betrachten. Eine ganze Weile saßen wir zu dritt mucksmäuschenstill auf einem Baumstamm an einem kleinen See und hofften darauf, dass ein tierischer Regenwaldbewohner zum Trinken vorbeischauen würde (sie taten uns leider nicht den Gefallen). 

Dass die Tiere dort irgendwo waren, zeigten sie uns allerdings auf eine perfide Art und Weise durch  ihre Hinterlassenschaften, Pfotenabdrücke im Matsch oder seltsamen Schaum, den ein Frosch produziert.  Irgendwann waren wir schon so im Spuren-finden-Modus, dass wir ganz erstaunt vor einem Schneckenhaus auf einem ca. halben Meter hohen, sehr dünnen Stängel stehen blieben. Als wir Aurelio fragten wie die Schnecke DAS denn bitte fertig gebracht hat, fing er schallend an zu lachen. Da hat sich wohl ein Wanderer vor uns einen Spaß erlaubt. Auch das Zigarren-rauchende Termiten-Nest am Baumstamm scheint mir nicht ganz ohne menschliche Nachhilfe entstanden zu sein…

Ein paar Lebewesen entdeckten wir allerdings trotzdem: haarige Würmer mit bunten, langen Fühlern, giftige Riesenameisen und eine sensationelle Ameisenstraße, die wir Ewigkeiten beim Transportieren überdimensionaler Blätterstücke beobachteten. 

Affen im Regenwald 

So interessant Pflanzen und Insekten ja auch sein mögen – für die meisten sind es doch eher größere Tiere, die faszinieren. Wir hatten Glück und haben gleich mehrfach Affen entdeckt. Zwar relativ weit oben in den Baumwipfeln – aber sie waren da! Mit Telezoom-Objektiv oder Fernglas konnten wir Brüllaffen, braune Kapuzineraffen und Gelbe Totenkopfäffchen beobachten. Einfach nur toll! 

Papageien in Höhlen

Am Nachmittag des zweiten Tages fuhren wir mit dem Boot nochmal ein kleines Stückchen weiter den Fluss hinauf. Dort erwartete uns ein kleiner Rundweg aus Holzplanken, der uns zu einem Aussichtsturm führte. In etwa 50 bis 70 Metern Entfernung türmte sich eine große Felswand auf, die übersät mit kleinen Löchern war. Was das ganze sollte? 

In diesen Löchern – genau genommen, kleinen Höhlen – leben Papageien. Und zwar die richtig schönen, großen Aras! Ihre knallroten, -blauen und türkisfarbenen Federn hoben sich wie bunte Farbkleckse vor der Felswand ab. Wir waren genau zur richtigen Zeit – kurz vor Dämmerung – dort und die Vögel kehrten alle so langsam zu ihren Höhlen zurück oder starteten nochmal für einen kleinen Snack.

Mit lautem Geschrei schwangen sie sich in die Lüfte und sausten über unseren Köpfen hinweg. Von unten sehen die Papageien mit ihren langen Schwanzfedern übrigens aus wie kleine Drachen! Und dabei sind sie meistens zu zweit unterwegs – die Aras sind nämlich eine der wenigen Tierarten, die mehr oder weniger monogam sind (ganz romantisch also).

 

Normalerweise habe ich gar nicht so viel übrig für Vögel – aber die Papageien dort zogen mich so in ihren Bann, man bekam mich kaum mehr von dem Ausguck herunter. Irgendwie herrschte dort eine ganz besondere, beinah magische Atmosphäre. Nach einer Stunde (oder sogar zwei?) kehrten wir zurück und fuhren mit dem Boot bei einem herrlichen Sonnenuntergang zurück zur Lodge. Die Papageien waren ein wunderschöner Abschluss von zwei Tagen Regenwald-Erlebnis. Denn bereits am frühen nächsten Morgen reisten wir vom Regenwald weiter in die Pampas, wo bereits viele andere Tiere auf uns warteten. Aber das ist eine andere Geschichte.  

 

Der Film zum Regenwald

Ich versuche euch ja schon immer so lebendig wie möglich von meinen Abenteuern zu erzählen. Aber manches lässt sich einfach super schwer in Worte fassen. So zum Beispiel Erlebnisse mit Tieren oder die Atmosphäre im Regenwald. 

Deshalb gibt es auch zum Regenwald-Abenteuer einen kleinen Film.

Viel Spaß!

 

Praktisches und Nützliches

  • Tour

    5 Tages-Tour zum Regenwald und den Pampas mit “Bala Tours”

  • Kosten

    Tour: ca. 400  USD für 5 Tage inkl. Pampas

    Eintritt Madidi Nationalpark: 200 Bolivianos

  • Unterkunft

    Eigene Lodge von „Bala Tours“ im Regenwald 

  • Packliste

    Für die Wanderungen durch den Dschungel:

    • Festes Schuhwerk – manchmal geht’s Querfeldein
    • Lange dünne Hose – gegen Mücken
    • Lange dünne Oberteile (Hemden/Blusen) – gegen Mücken
    • Möglichst atmungsaktive Regenjacke 
    • Buff oder Tuch für den Kopf – gegen Schweiß und Mücken
    • Rucksack für Getränke, Kamera, Mückenspray und Sonnencreme (auch wenn es bewölkt ist)

    Für die Lodge

    • Flip Flops/Birkenstock
    • lange bequeme Hose für abends – es wird frisch
    • Pulli für abends – es wird wirklich frisch! 
    • Socken für abends – …
    • Schlafsack? Bei unserem Anbieter gab es genug Decken. Klär das lieber vorher und nimm dir sonst einen Schlafsack mit. Es wird WIRKLICH kalt nachts. 
    • Powerbank und Taschenlampe – Stromgenerator läuft nicht durchgängig