Vanlife-Interview

mit Marina und ihrem Toyota Lucida Estima Luxury „Lucius“

Vanlife Marina

Halloechen!

Ich bin Marina, 22 Jahre jung, komme aus Regensburg und bin staatlich geprüfte Fremdsprachenkorrespondentin.

Mein Van ist ein Toyota Lucida Estima Luxury mit dem Namen “Lucius”.

Seit 2018 sind wir in Neuseeland unterwegs. 

Vanlife Marina
Vanlife mit Toyota Lucida Estima Luxury

Wann und vor allem wieso hast du dich dazu entschlossen, dir einen Van zu kaufen?

Ich habe mir letztes Jahr meinen Traum erfüllt und bin mit dem Working Holiday Visa nach Neuseeland eingereist. Um das Land in seiner ganzen landschaftlichen Vielfalt am besten kennenzulernen, habe ich mich dazu entschieden, einen Van zu kaufen und darin zu reisen und zu leben.

Da ich die meiste Zeit alleine reise und auch nur ein begrenztes Budget habe, sollte er nicht allzu groß sein. Ich habe mich für einen Toyota Lucida Estima Luxury von 1995 entschieden. Das typische Backpackerauto. Er war schon einige Generationen im Besitz von verschiedenen Backpackern aus aller Welt und war deshalb schon in einen richtigen Campervan umgebaut worden.

Erzähl von deinem Van-Umbau!

Nachdem ich etwa 2 Monate alleine in meinem neuen zu Hause auf Rädern herumgereist bin, kam mich mein Bruder besuchen. Zu meinem Glück ist er u.a. gelernter KFZ Mechaniker und auch so kennt er sich super mit allen Arten von Autos aus und ist im Gegensatz zu mir ein handwerkliches Genie. Er baute sich zu diesem Zeitpunkt seinen eigenen Camper aus und konnte mir somit hilfreiche Tipps geben und sich selbst auch einiges an Ideen von meinem Auto abschauen.

Er hat mir die Küche, die sozusagen der Kofferraum ist, etwas aufgehübscht und mir einige Bretter und neue Nägel angebracht, was mir mehr Stauraum für Lebensmittel und Kochutensilien verschaffte. Jetzt kann ich zum Beispiel Topf und Wok einfach unter der Spüle baumeln lassen.

Du und dein Van: was bedeutet dein Camper für dich?

Mein Van ist mein zu Hause, durch und durch und ich lebe so ziemlich die meiste Zeit in ihm. Zwischendurch habe ich auf einigen Farmen und Haushalten gearbeitet, das war die einzige Zeit, in der ich nicht in meinem Van gelebt habe.

Ich genieße vor allem einfach die Freiheit! Ich habe stets alles bei mir und ich kann fahren wohin ich möchte! Bevor ich nach Neuseeland gekommen bin, habe ich 2 Jahre lang viele Schichten in einer Fabrik gearbeitet, um genug Geld zu sparen. Abgesehen von ein paar Wochen Farmarbeit, lebe ich hier größtenteils von meinem Ersparten.

In Neuseeland gibt es sehr sehr viele Freedom Campingplätze, für die meisten muss man allerdings Self-Contained sein. Deshalb habe auch ich mich für einen Self-Contained Van entschieden, auch wenn dieser etwas teurer war. Aber so spar ich auch viel Geld, da ich für das Campen nichts bezahlen muss. In einigen Städten sieht es mit Freedom Campen allerdings schlecht aus, weshalb man dann auf die teuren Holiday Parks oder DOC Campingplätze ausweichen muss.

Generell bevorzuge ich allerdings das Freistehen. Man hat einfach so viel Freiheit und kann sich an die schönsten Stände stellen. Unter dem offenen Schiebedach kann ich in den Bergen den fantastischen Sternenhimmel beobachten. Die meisten Freedom Campingplätze sind außerdem viel weniger besucht, als die normalen.

Der ganze Lifestyle hat es mir einfach angetan: man ist die ganze Zeit draußen in der Natur, ist so unabhängig, so frei und flexibel, sodass ich selbst die abgelegensten Orte besuchen kann.

Wie funktioniert dein Leben im Camper?

Mein Leben im Van ist toll und etwas völlig anderes! Ich habe es mir hauptsächlich durch mein Erspartes finanziert, da ich lange Zeit darauf hin gearbeitet habe. Ich habe zwischendurch auch ein paar Jobs angenommen, die typisch für ein Leben in Neuseeland sind. Beispielsweise durfte ich mal 2 Wochen auf privatem Land Schafe und Hühner hüten, mich um Gemüsegärten kümmern etc. Auf einer Kuhfarm habe ich auch schon gearbeitet. Es macht viel Spaß, da man solche Arbeiten ja normalerweise nicht macht und die Erfahrungen, die man dabei hat sind einfach Gold wert!

Wenn ich mich nicht nach meiner Arbeitsstelle richte, dann fahre ich zu den Orten, die auf meiner Bucketliste stehen. Generell mag ich das Wildcampen mehr und mein Van ist mehr oder weniger Self-Contained. Was mir allerdings fehlt ist eine Dusche. Duschen ist in Neuseeland allerdings kein Problem, denn das Land ist sehr camperfreundlich. So kann man im Sommer kostenlos die kalten Strandduschen benutzen oder einfach im Schwimmbad einen Obolus für eine heiße Dusche zahlen. Einige Touristeninformationszentren stellen auch begrenzte heiße Duschen zur Verfügung. Alle paar Wochen „gönnt“ man sich dann mal einen Campingplatz, einfach um mal wieder etwas „Luxus“ wie eine unbegrenzt heiße Dusche, WLAN, Strom, fließend Wasser, etc. zu haben. 

Das mache ich tatsächlich viel alleine, wobei ich meinen Lucius auch schon mit anderen Leuten geteilt habe. Im Oktober letzten Jahres ist mich mein Bruder besuchen gekommen und wir haben gemeinsam 3 Wochen die Nordinsel unsicher gemacht und viele Abenteuer erlebt. Über Weihnachten und Silvester war eine Freundin von zu Hause da und mit ihr habe ich das erste Mal die Südinsel entdeckt. Ich habe auch hier einige Leute kennengelernt und so habe ich mit einer Freundin aus England, die ich an meinem zweiten Tag in Neuseeland kennengelernt habe, für 8 Wochen die Südinsel bereist. Mit fremden Menschen, die z.B. einen Travelbuddy suchen, würde ich allerdings nicht reisen, denn dafür ist dann in dem vergleichsweise kleinen Vehikel doch zu wenig Privatsphäre vorhanden.

Die Schattenseiten des Vanlife: was nervt dich manchmal daran?

Wo es Vorteile gibt, gibt es natürlich auch Nachteile. Abgesehen von der fehlenden Dusche, sind es die kleinen Dinge, die einen manchmal ein normales zu Hause vermissen lassen. Das fängt an mit dem Abwasch. Mein Waschbecken ist nur sehr klein und ich habe einen Pumpwasserhahn, was bedeutet, dass es den Abwaschprozess sehr aufwändig macht. Manchmal vermisse ich heißes, fließendes Wasser! Dadurch dass ich mit einem Gaskocher koche, dauert das Kochen manchmal ewig, ehe das Wasser kocht!

Ich bin auch insofern etwas eingeschränkt, da ich keinen Kühlschrank oder ähnliches habe. Ich muss mir also gut überlegen, wann ich was zu essen kaufen, da frische Lebensmittel wie Fleisch, Milch, Joghurt, Fisch etc. nach ein paar Stunden in dem heißen Auto einfach verderben würden.

Da man auf sehr begrenztem Raum lebt, ist es quasi immer ein bisschen unordentlich, da man recht wenig Platz hat, um seine Sachen richtig zu verstauen. Vor allem in Bezug auf Klamotten. Es ist auf Dauer etwas anstrengend aus einem Rucksack zu leben.

Der grösste Nachteil ist meiner Meinung nach aber die Wetterabhängigkeit. Egal welches Wetter ist, du musst irgendwann dein Fahrzeug verlassen. Egal ob du auf die Toilette musst oder die Zähne putzen willst. Außerdem ist es schwierig sich bei eisigen Temperaturen im Auto wieder aufzuwärmen, da ich keine Standheizung habe.

Wenn es zu windig ist oder in Strömen regnet  z.B. kann ich mit meinem Gaskocher nicht draußen in der Küche kochen. Ich muss also mein Bett in einen Tisch konvertieren und alle Utensilien und Lebensmittel nach drinnen verfrachten, was teilweise mit viel Zeit und Aufwand verbunden ist.

Ein weiterer großer Nachteil ist dann tatsächlich auch die Abhängigkeit zum Auto selbst. Wenn etwas passiert oder kaputt geht, ist nicht nur dein Auto weg, sondern mehr oder weniger dein ganzes Leben, das sich darin abspielt. Man ist dann mehr oder weniger auf der Straße gestrandet – man hat ja nur seinen Van und alles was da drin ist.

Ich kann nicht ohne…: Deine wichtigsten und liebsten Reisebegleiter für deinen Van

Ich habe eine solarbetriebene Lichterkette in meinem Van. Falls die Sterne einmal nicht leuchten sollten, so kann ich mir immer Abhilfe schaffen! Es ist sehr gemütlich, wenn man mit offenem Fenster, Flussrauschen und Lichterkette ein spannendes Buch in seinem kleinen Heim lesen kann! Was natürlich auch nicht fehlen darf, ist der AUX Anschluss an meinem Radio! Da es in Neuseeland teilweise sehr abgelegene Orte ohne jeglichen Empfang gibt, kann man sich auch auf sein Radio nicht verlassen. 

Pech und Pannen: erzähl von deiner blödesten Situation von unterwegs

Die blödeste Situation, die ich erlebt habe,  ist in einem abgelegenen Waldstück passiert. Es hatte geregnet und der Boden war überall sehr sumpfig. Ich war unterwegs zu einer Farm, auf der ich ein paar Tage arbeiten wollte. Die Gegend war so abgelegen, dass ich keinen Empfang hatte und auch mein Navigationssystem konnte mir nicht weiterhelfen.

Ich fuhr auf diesem mehr oder weniger Feldweg also immer tiefer in den Wald hinein und kam an ein verschlossenes Tor. Ich war mir sicher, dass ich falsch sein musste und verzweifelt versuchte ich zu wenden und zurück zur Hauptstraße zu gelangen. Doch ich hatte die Länge des Fahrzeugs und auch den nassen Boden unterschätzt und so blieb ich quer im Waldboden stecken! Das Problem war, dass niemand da war, ich keinen Empfang hatte und es auch langsam dunkel wurde.

Ich versuchte Ruhe zu bewahren und packte mir in meinen Rucksack ein paar Vorräte und lief den ganzen Waldweg zurück und  den Hügel hinauf zu einer Schotterstrasse. Dort rief ich um Hilfe, doch um diese Uhrzeit war in diesem abgelegenen Teil niemand mehr unterwegs. Gott sei Dank hatte ich auf dem Hügel 2 Empfangsstriche und so kontaktierte ich den Farmer, zu dem ich unterwegs war. Er fand die ganze Situation sehr lustig und kam um mir zu helfen. Gemeinsam mit einem anderen Arbeiter befreite er meinen Lucius aus der brenzligen Situation mit einem Pick Up und einem Abschleppseil. Ironischerweise stellte ich dann fest, dass ich nur das Tor, an dem ich gehalten hatte, hätte öffnen müssen. Die Farm, zu der ich wollte, befand sich nur etwa 200 Meter weiter.

Lieblingsplatz: Wo treibt es dich am liebsten hin oder wo hat es dir am besten gefallen?

Es ist sehr schwer einen Lieblingsplatz in diesem Land festzulegen. Die schönsten Plätze meiner Meinung nach sind die, die etwas abseits der ausgetretenen Pfade zu finden sind. Ich stehe sehr gerne am Strand oder im Wald an einem Fluss, da mich das Geräusch des Wassers unglaublich beruhigt.

Auf der anderen Seite stehe ich auch gerne in den Bergen und auf weiten Ebenen, da sich dort die Nacht mit der Pracht des Sternenhimmels so wunderschön entfalten kann. Wenn ich einen Platz nennen muss, der einen Lieblingsplatz am ehesten beschreiben würde, so würde ich den Lake Opuha – Bennetts Road wählen. An diesem See campieren fast nur Einheimische, da er sehr abgelegen und weit weg von touristischen Attraktionen ist. Er ist wunderbar ruhig gelegen und umrandet von Bergen. Der Sternenhimmel war einer der klarsten, die ich jemals gesehen habe und man kann herrliche Spaziergänge unternehmen.

Dein Tipp für alle mit Van, oder die, die es werden wollen

Mein Tipp: Einfach machen! Selbst wenn man wie ich keine Ahnung von Autos hat und alleine als Frau unterwegs ist. Man lernt so viel über sich selbst, fängt an die kleinen Dinge zu schätzen und das teilweise abgeschiedenen Leben bringt einen unglaublich weiter. Selbst wenn man hinterher feststellen sollte, dass das Vanlife nichts für einen ist, so ist man dennoch um ein paar wertvolle Erfahrungen reicher.