Vanlife-Interview

mit Caro und ihrem Fiat Doblo „Guisi“

Vanlife Interview

Hey,

ich bin Caro, 24 Jahre alt und habe vor kurzem meinen Bachelor in Landschaftsarchitektur abgeschlossen.

Mein kleiner Italiener Guiseppe „Guisi“ ist ein blauer, zehn Jahre alter Fiat Doblo.

Caro Vanlife
Vanlife Fiat Doblo

Wann und vor allem wieso hast du dich dazu entschlossen, dir einen Van zu kaufen?

Ich hatte schon vor längerem die grobe Idee im Kopf, nach meiner Bachelorarbeit für eine Zeit lang zu reisen, am liebsten mit einem eigenen fahrbaren Untersatz. Als dann einige Wochen vor der Abgabe der Arbeit meine Beziehung in die Brüche ging, bin ich aus unserer gemeinsamen Wohnung zurück zu meinen Eltern gezogen. Da ich bis zu dieser Zeit kein eigenes Auto besaß und die restliche Studienzeit pendeln musste, machte ich Nägel mit Köpfen und beschloss, mir einen Hochdachkombi zu kaufen, den ich dann später zum Minicamper umbauen könnte.

Diese Entscheidung ist mir für die Restzeit meines Studiums sehr zu Gute gekommen, da ich relativ schnell auf die Idee kam, dass ich mit herausgenommener Rückbank auch ohne den Umbau recht komfortabel im Auto schlafen kann, wenn es abends mal länger wurde.

Erzähl von deinem Van-Umbau!

Svenja, eine Kommilitonin und gute Freundin, hat sich meinen Reiseplänen angeschlossen, und so ging es nach der Bachelorarbeit los mit dem Umbau. Zwei Wochen haben wir uns Zeit genommen, und auch das Budget war begrenzt. Wir hatten uns beide noch nie zuvor an große handwerkliche Projekte gewagt und mussten an vielen Stellen improvisieren, um den Zeitplan einzuhalten, sind aber im Endeffekt total begeistert vom Ergebnis gewesen.

Umgebaut haben wir an der Hochschule, da wir in der Modellbauwerkstatt alle nötigen Maschinen zur Verfügung hatten. Die halbe Hochschule hat so den Umbau mitbekommen und alle waren interessiert und begeistert von dem Projekt.

Die größte Hürde war die Wandverkleidung: da wir es wohnlich haben wollten war für uns klar, dass wir nicht auf das nackte, blaue Blech schauen wollen. Im Zeitdruck haben wir uns dann für Fleecetapete in Holzoptik und doppelseitiges Klebeband entschieden. Was wir in dieser Zeit vor allem gelernt haben: ein Fiat Doblo ist nicht annähernd so eckig, wie er von außen aussieht. Nie wieder!

Du und dein Van: was bedeutet dein Camper für dich?

Mein Guisi hat für mich von Anfang an vor allem eines bedeutet: Freiheit. In der Zeit nach der Trennung stand es mir trotz der nicht mehr vorhandenen Wohnung vor Ort frei, trotzdem nach getaner Arbeit abends noch ein Bier zu trinken und dann einfach wenige Meter weiter in mein „Bett“ zu fallen.

Bisher war die neunwöchige Reise nach der Bachelorarbeit das einzige größere Abenteuer. Ich fiebere aber schon der Zeit entgegen, wenn die Temperaturen nachts wieder annähernd zweistellig sind und ich einfach mal für ein längeres Wochenende los kann, ohne mir vorher groß Pläne zu machen, da ich ein sehr spontaner Mensch bin.

Wie funktioniert dein Leben im Camper?

Als Ziel unserer Reise haben wir uns bewusst Skandinavien ausgesucht, da wir vom „Jedermannsrecht“ gehört haben und es als Einsteiger ganz schön fanden, uns nicht schon zu Beginn in einer gesetzlichen Grauzone bewegen zu müssen, was das Wildcampen angeht.

Tatsächlich waren wir dann auch in der ganzen Zeit nur ein einziges Mal auf einem Campingplatz . Wir haben schnell gemerkt, dass wir uns am wohlsten irgendwo im Nirgendwo fühlen. An der Stelle muss ich aber auch sagen, dass ich sehr froh über meinen Travelbuddy Svenja war – alleine wäre ich zumindest zu Beginn bestimmt weniger mutig gewesen und schneller einsam geworden.

Die Schattenseiten des Vanlife: was nervt dich manchmal daran?

Was auf jeden Fall irgendwann heftig wurde, war das Baden in irgendwelchen Bergseen und Bächen im schwedischen Oktober. Da wir von Anfang August an unterwegs waren, konnten wir uns zwar Stück für Stück an die kälter werdenden Wassertemperaturen gewöhnen. Die heimische, warme Dusche stand trotzdem bei uns beiden ziemlich weit oben auf der Liste der Dinge, auf die man sich wieder gefreut hat.

Aufgrund der doch sehr geringen Größe unserer mobilen Einraumwohnung waren auch Regentage eine echte Geduldsprobe, meistens sind wir trotzdem noch dick eingepackt eine Runde wandern gegangen, damit uns nicht die Decke auf den Kopf fällt. Zum Glück hatten wir eigentlich nie mehrere Tage am Stück richtig schlechtes Wetter.

Ich kann nicht ohne…: Deine wichtigsten und liebsten Reisebegleiter für deinen Van

Ich bin schon immer eine begeisterte Leseratte und habe bisher auch immer gedruckte Bücher den elektronischen vorgezogen. Auf der Reise war ich aber wirklich dankbar für das alte E-Book, das mir meine Mama überlassen hat. Die beiden gedruckten Bücher, mehr hatte ich aufgrund des geringen Platzes nicht dabei, waren in weniger als einer Woche durchgelesen. Als die Tage immer kürzer wurden und da wir keinen Strom hatten, wurde das Lesen am Abend schon ein fester Bestandteil des Tages.

Pech und Pannen: erzähl von deiner blödesten Situation von unterwegs

Unsere größte Panne hatten wir eines Morgens, als sich plötzlich der Kofferraumdeckel nicht mehr öffnen ließ. Das ist noch nie zuvor passiert, und wir hatten keine Ahnung woran es lag, dass das Schloss des Kofferraums plötzlich nicht mehr mit der restlichen Zentralverriegelung funktionierte. In unserem Versuch, das Schloss manuell zu öffnen, haben wir dann den Schlüssel kaputt gemacht. Zwar war auch der Ersatzschlüssel dabei, aber nun hatten wir große Angst, dass dieser auch noch das Zeitliche segnen würde und wir dann wirklich ein Problem hätten.

Nach stundenlangem Probieren haben wir schließlich aufgegeben und eine Werkstatt gesucht – wohlgemerkt ohne Frühstück und ohne uns zu waschen oder Zähne zu putzen, weil sich einfach alles Wichtige in den hinteren Fächern befunden hat, an die wir nicht ran gekommen sind. Dort haben wir dann unbeabsichtigt den Mechaniker aus seiner Mittagspause geholt. Als wir ihm das Problem erklärt hatten, streckte er wortlos die Hand nach dem Schlüssel aus, rüttelte ein bisschen, dann ein, zwei gezielte Schläge, und der Kofferraum war offen. Wir standen da wie begossene Pudel, ließen uns dann noch den Trick zeigen und zogen dann so schnell wie möglich ab. So blond wie an diesem Tag habe ich mich selten gefühlt. 

Lieblingsplatz: Wo treibt es dich am liebsten hin oder wo hat es dir am besten gefallen?

Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten, weil wir an so vielen schönen Plätzen waren und jeder für sich seine einzigartigen Reize hatte. Gerade daran, jeden Morgen mit Blick auf das Meer, einen See oder zumindest einen Bergbach aufzuwachen, könnte ich mich wirklich gewöhnen. Auch vom Blöken einer Herde Schafe oder Ziegen geweckt zu werden hat was für sich.

Dein Tipp für alle mit Van, oder die, die es werden wollen

An alle, die schon lange mit dem Vanlife liebäugeln: denkt nicht zu viel darüber nach, macht es! Ich hatte so gut wie keine finanziellen Rücklagen und bin trotz des geringen Budgets prima klar gekommen. Das bisschen Geld, was in die Materialkosten des Umbaus geflossen ist, kann man durch eine günstige Lebensweise mit frei stehen und selbst kochen locker wieder reinholen. Ein Auto haben die meisten sowieso, wieso dann nicht eines mit dem Potential zum Van? Und auch wenn ihr gerade keine neun Wochen Zeit habt, eine riesige Reise zu machen, sondern nur mal eine Woche oder die Wochenenden: Jeder einzelne Tag lohnt sich!